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Ergänzungspfleger bei Aussage des Kindes im Strafverfahren gegen seine Eltern

- Entscheidungen Leitsätze

Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 31.3.2020 – 1 BvR 2392/19

1. Soll ein Ergänzungspfleger gemäß § 1909 I S. 1 BGB i.V. mit § 52 II S. 2 StPO ausschließlich zum Zweck der Ausübung des einem Kind zustehenden strafprozessualen Zeugnisverweigerungsrechts bestellt werden, erfordert das in Art. 6 II S. 1 GG geschützte Elternrecht nicht, dass zuvor die Aussagebereitschaft des Kindes festgestellt werden muss.

2. Die Ergänzungspflegerbestellung greift als notwendige Konsequenz des bereits kraft Gesetzes nach § 52 II S. 2 Hs. 1 StPO bewirkten Ausschlusses der selbst beschuldigten Eltern von der Entscheidung über die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts nur gering in das Elternrecht ein.

3. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn es Aufgabe erst des Ergänzungspflegers sein soll, die Aussagebereitschaft des Kindes zu erörtern, um die behördliche Inanspruchnahme des Kindes vor dem Hintergrund des belastenden strafrechtlichen Verfahrens so gering wie möglich zu halten.

4. Die Bestellung des Ergänzungspflegers erfolgt auch nicht „auf Vorrat“, weil sich die Aussagebereitschaft kindlicher Zeugen im Verlauf des dynamischen Strafprozesses verändern kann.

5. Der Zweck der persönlichen Anhörung nach § 160 I S. 1 FamFG, für die Entscheidung in der Kindschaftssache bedeutsame psychologische Umstände zu ermitteln und sich einen persönlichen Eindruck von den Eltern zu verschaffen, greift bei der allein auf die Ausübung des Zeugnisverweigerungsrechts begrenzten Anordnung einer Ergänzungspflegschaft regelmäßig nicht.

(Leitsätze der Redaktion)

Anm. d. Red.: Die Entscheidung wird veröffentlicht in FamRZ 2020, Heft 13, m. Anm. Zorn.

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