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Schutz der Familie und Betreuerbestellung

- Entscheidungen Leitsätze

Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 31.3.2021 - 1 BvR 413/20

  1. Der Schutz des Art. 6 I GG reicht über den Zweck, einen besonderen personellen Raum kindlicher Entfaltungsmöglichkeiten zu sichern, hinaus. Er zielt generell auf den Schutz spezifisch familiärer Bindungen (vgl. BVerfGE 133, 59, 82 f. = FamRZ 2013, 521 {FamRZ-digital | FamRZ bei juris} Rz. 62, m.w.N.) und erfasst auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern (vgl. BVerfGE 57, 170, 178; BVerfGE 80, 81, 91 = FamRZ 1989, 715 {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}).
  2. Dem Schutz der Familie ist auch bei der Betreuerbestellung Rechnung zu tragen. Demzufolge gebietet Art. 6 I GG eine bevorzugte Berücksichtigung der (nahen) Familienangehörigen jedenfalls dann, wenn eine tatsächlich von familiärer Verbundenheit geprägte engere Bindung besteht (vgl. BVerfGE 136, 382, 389 = FamRZ 2014, 1435 {FamRZ-digital | FamRZ bei juris}, m. Anm. Hoffmann).
  3. Die Vorschrift des § 1897 V BGB, wonach bei der Betreuerauswahl u.a. auf die verwandtschaftlichen und sonstigen persönlichen Bindungen Rücksicht zu nehmen ist, kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Betroffene eine Angehörige als Betreuerin benannt hat. Die Angehörige ist nach Maßgabe dieser Vorschrift „erst recht“ zu bestellen, wenn sie die Betroffene selbst ausdrücklich als Betreuerin ihrer Wahl benannt hat.
  4. Die Bestellung einer anderen als die von der Betreuten gewünschten Person ist geboten, wenn die fehlende Eignung im konkreten Einzelfall dazu führt, dass eine Befolgung des Wunsches eine erhebliche Gefahr für die Betreute mit sich brächte und sie diese Gefahr aufgrund der Krankheit oder Behinderung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

(Leitsätze der Redaktion)

Anm. d. Red.: Die Entscheidung wird veröffentlicht in FamRZ 2021, Heft 13, m. Anm. Schneider.

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