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Elektronische Einreichung von Vollstreckungsanträgen in Justizbeitreibungssachen

Bundesgerichtshof, Beschluss v. 6.4.2023 – I ZB 84/22

Ein Vollstreckungsantrag in Justizbeitreibungssachen kann als elektronisches Dokument eingereicht werden und unterliegt keinen weiteren Anforderungen als andere elektronisch eingereichte Dokumente. Dies hat der BGH am 6.4.2023 entschieden (Az.: I ZB 84/22). Ausreichend ist entweder eine qualifizierte elektronische Signatur oder eine einfache elektronische Signatur bei Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg.

 

Keine Zuordnung zu einer Person ohne qualifizierte Signatur?

Die Vollstreckungsbehörde betreibt für den Gläubiger, das Land Niedersachsen, gegen die Schuldnerin die Zwangsvollstreckung wegen Gerichtskostenforderungen. Sie beantragte die Abnahme der Vermögensauskunft und bei unentschuldigtem Fernbleiben der Schuldnerin den Erlass eines Haftbefehls. Der Antrag schließt mit dem Namen "C. " und wurde über das besondere elektronische Behördenpostfach der Vollstreckungsbehörde an das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach des Amtsgerichts zur Weiterleitung an den zuständigen Gerichtsvollzieher übermittelt. Der Gerichtsvollzieher lehnte die Durchführung der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme ab.

Das Amtsgericht hat die hiergegen gerichtete Erinnerung des Gläubigers zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Gläubigers ist vor dem Landgericht erfolglos geblieben. Das Beschwerdegericht hat angenommen, da eine unabhängige und neutrale Prüfung und Entscheidung über das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den begehrten Vollstreckungsakt nicht erfolge, müsse der Antrag jedenfalls einer konkreten Person zugeordnet werden können. Das grundsätzlich einen sicheren Übermittlungsweg darstellende besondere elektronische Behördenpostfach erlaube ohne qualifizierte Signatur keine solche Zuordnung zu einer Person.

 

Unterschiedliche Anforderungen an Papierform und elektronische Einreichung

Der angefochtene Beschluss ist bereits deswegen aufzuheben, weil rechtsfehlerhaft nicht der originär zuständige Einzelrichter die Sache wegen grundsätzlicher Bedeutung auf die Kammer übertragen hat, sondern die Kammer auf sich selbst, so der BGH. Das Gericht verweist die Sache an das Beschwerdegericht zurück und erteilt für das weitere Verfahren im Wesentlichen folgende Hinweise:

Der Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz entspricht den im elektronischen Rechtsverkehr geltenden Formanforderungen, wenn er entweder von der ihn verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert worden ist oder von der ihn verantwortenden Person (einfach) signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden ist (§ 753 IV S. 2, § 130a III S. 1 ZPO, § 6 I Nr. 1, § 7 S. 1 und 2 JBeitrG).

Damit hat der Gesetzgeber die formellen Anforderungen abschließend festgelegt. Die nach der Senatsrechtsprechung geltenden Anforderungen an einen in Papierform eingereichten Vollstreckungsantrag nach der Justizbeitreibungsordnung (vgl. BGH, Beschluss v. 18.12.2014 - I ZB 27/14) können auf einen elektronisch eingereichten Vollstreckungsantrag nach dem Justizbeitreibungsgesetz nicht übertragen werden. Insbesondere muss der Vollstreckungsantrag nicht zusätzlich in Papierform mit Unterschrift und Dienstsiegel eingereicht werden. Er ist auch nicht zwingend qualifiziert elektronisch zu signieren; vielmehr reicht bei Einreichung auf einem sicheren Übermittlungsweg die (einfache) Signatur. Die Anbringung eines aufgedruckten Dienstsiegels ist ebenfalls nicht erforderlich.

 

Quelle: Mitteilung der Pressestelle des BGH Nr. 097/2023 vom 20.6.2023

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